Nach der frühlingswarmen Zeit in Geiranger geht unsere Fahrt in den feucht fröhlichen Süden von Norwegen wo das Meer wieder Nordsee heisst. In Südnorwegen kommen die Erinnerungen an die Wikingerzeit deutlicher zum Vorschein. Da und dort eine Gedenkstätte oder eine Statue, z.B. Harald Schönhaar dem ersten König von Norwegen.
Von Geirangen nach Skjolden zum langen Sognefjord (20.10.24)
Wir schlafen lange und frühstücken ausgiebig. Der Campingplatz ist bereits eingewintert und die Infrastruktur abgestellt. So können wir direkt am See parken.
Nach dem Frühstück unternehmen wir eine kleine Wanderung zum Wasserfall. Ausser in Island, haben wir nirgends so viele Wasserfälle gesehen wie in Norwegen. Hier wird uns auch klar warum das so ist. Es gibt rund 2534 Gletscher in Norwegen. Die Gletscher haben sich aber leider wegen der Erderwärmung in den letzten 30 Jahren 11% reduziert.
Das Wasser tost jedoch 24/7 in die Tiefe und hinterlässt die bizarrsten Formen wie zum Beispiel den Bären im Wasser der uns freundlich zuzwinkert.;-)
Die Fahrt an der 15er entlang ist wie im Touristenführer versprochen sehr eindrucksvoll und wir machen den einen oder anderen Fotostopp.
Erste Zwischenstation ist Lom (Fossbergom) und wir zweigen ab in die 55er Scenic Route. Dort besuchen wir den Flussstrudel «Bovre», was «der Bebende» bedeutet. Der Name kommt aus den stark wechselnden Lichtreflektionen der Sonneneinstrahlung. Die alte Einlegerbrücke ist direkt bei der Stabskirche. Die Einweihung wurde 1242 eingeweiht und hat die typischen Wikinger-Drachenfiguren auf den Dächern. Wir freuen uns seit Mitte September immer wieder an den Herbstbäumen und machen ein Selfie unter unserem Lieblingsbaum.
Die langsam ansteigende Passstrasse führt uns durch Elvesaeter, wo ein «Wikingerfürst» auf einer riesen Säule thront vorbei an den Jotunheimen Aussichtspunkt. Hier wird uns erst bewusst, dass wir uns auf der höchsten Passstrasse Nordeuropas befinden. Hier kommen zwei von Gletschern geformte Täler zusammen-, das Vegaskfjellet und das Sognefjellet. Wir fahren über das Sognefjellet und sind froh nicht vor 2 Wochen mit dem Schnee hier gewesen zu sein. Heute sind es angenehme 6 Grad und kein Schneegestöber in Aussicht. Auf dem Sognetfjellet befinden wir uns zwischen den schönsten Gletschern in Norwegen. Von hier sehen wir den Galdhopiggen, den mit 2469 Meter höchsten Berg in Norwegen. Erstbesteigung im Jahr 1850. Die Flüsse sind kristallklar und die Farbe typisch Gletscherwasser-Blau.
Wir fahren auf 1207 Meter am Wasserfall vorbei und haben bereits das Gefühl oben angekommen zu sein. Nach der nächsten Kurve wird uns bewusst, dass dieses Gletschergebiet auf 1400 Meter liegt. Nach der Kurve über der Kuppe erhaschen wir einen ersten Blick auf den Krossbusvingein der auf 1300 Meter liegt. Danach öffnet sich das Hochplateau von Sognefjellet. Dort treffen sich Skifahrer zum Training aus aller Welt. Uns eröffnet sich die Sicht auf «gefühlte» 7 Gletscher. Wahrscheinlich sind es nur 2-3 aber wir sehen wegen den Wolken nur die einzelnen Zungen.
Wir sind alleine. Bei der Passfahrt begegnen uns 3-5 Autos. Die Infrastruktur auf dem Aussichtsplateau zeigt uns hingegen, wie viele hunderte von Touristen hier in der Hauptsaison die Aussicht geniessen. Auf 1428 Meter am Aussichtspunkt Fantesteinen bleiben wir mit offenem Mund stehen. Teilweise halten wir nur an, um aus dem warmen Auto die Aussicht aufzusaugen. Noch auf der Rückfahrt beim Checkpoint 1392 Storafonni geniessen wir nochmals die Aussicht,- nur wir und die gewaltige Natur.
Es ist bereits am Eindunkeln und wir wollen erst am anderen Ende der Passstrasse am Fjordufer einen Schlafplatz suchen. Wir sind noch nicht gewohnt, dass es bereits um 18.30 stockdunkel ist.
Beim Aussichtspunkt Nedre Oscarshaug auf 1100 Meter bestaunen wir die langgezogene Passstrasse und die vor uns liegende Strasse.
Die Abenddämmerung kommt schnell und der Nebel schleicht die Tannenwälder hoch. Es sieht gespenstig aus und erinnert an den Film «Der 13. Krieger». Darum pressieren wir mit der Suche nach einem Schlafplatz in Skjolden, den wir in einer Waldstrasse am Fjordufer finden. Wir schlafen ruhig und lange.
Chillertag mit Zimtschnecken (21.10.24)
Um 10 Uhr wachen wir auf und essen bis 11.30 gemütlich Frühstück. Dann planen wir unsere Weiterfahrt nach Bergen und versuchen den aktuellen Wetterbericht zu berücksichtigen. Während der Reise denken wir dankbar an das Abschiedsgeschenk von der Energie 360 ° AG zurück. So träumen wir auch heute beim Morgenessen davon, wie wir den Geldbetrag investieren wollen. Die meisten Camper haben für diese Art von Geschenken einen Tresor eingebaut. Die meisten Camper-Knacker Banden wissen das jedoch und haben den «Grossmutter-Tresor» schon lange vergessen. ;-) Darum setzen wir auf den guten alten Versteckplatz,- unter der Matratze. Nun muss ich alle enttäuschen das Geld liegt ab dem 14.11. nicht mehr unter unserer Matratze. Es wird in einen kulinarischen Wellness- Reiseabschluss Höhepunkt in Würzburg investiert. Dort ist das Badezimmer so gross wie unsere aktuelle Wohnfläche. Dankbar denke ich an alle lieben Arbeitskolleg*innen zurück, die uns das ermöglichen. 😊Wir freuen uns jetzt schon wie kleine Kinder auf das Erlebnis. Aktuell sitzen wir aber noch in Skjolden am Fjord bei starkem Regenwetter und träumen erst davon.
Von Skjolden aus könnten 7 Gletscher, Vettisfossen, Nigardsbreen, Boyabreen, Supperhellebreen, Bergsetbreen, Austerdalsbreen und Tunsbergdalsbreen bewandert werden. «Leider» sind wir etwas spät aufgestanden ;-) und in der falschen Saison. Darum entscheiden wir uns eine Bäckerei mit Zimtschnecken zu finden. Bereits im nächsten Dorf finden wir eine Holzofenbäckerei und der Name «Lustrabui» schreit, «Lust auf Zimtschnecken, dann seid ihr hier richtig! Und das ist so. Hier wird noch frisch gebacken und mit Mengenrabatt verkauft. 6 Schnecken für 150 Kronen, drei Brote für 100 Kronen. Schade, sind wir bereits nach 4 Schnecken satt😊.
Kurz vor Gaupne steure ich unseren Camper direkt ans Wasser, weil ich dort ein scheinbar seltenes Naturphänomen entdeckt habe... Ich fotografiere und lasse sogar die Drohne trotz starkem Wind steigen. Der Fjord zeigt immer wieder unterschiedliche Farben, je nachdem ob Wasserfälle frisches Süsswasser bringen und das Fjordwasser verdrängen. Hier sprudelt Frischwasser mitten im See. Wow! Ich frage einen Einheimischen, woher dieses «Naturphänomen» kommt.
Er meint trocken, dass es sich um den Wasseraustritt mittels Röhre vom Kraftwerk «Luster Energeverk» handelt. Etwas enttäuscht bin ich schon, aber schön sieht es aus.:-)
Wir sind zwar heute nicht weit gefahren, haben jedoch viele Eindrücke gesammelt und noch mehr verarbeitet. Tamara backt noch Brot und auch noch einen Apfelkuchen. Dankbar schlafen wir auf dem Parkplatz des hiesigen Skigebietes in Sogn ein.
Aurlandsfjellet Panorama Route – Nord (22.10.24)
Mit der Mannheller Fähre überqueren wir den Sognefjord Richtung Süden. Das Wetter ist noch hell und die Sonne bricht noch ab und zu durch. Wir biegen vor dem längsten Tunnel der Welt in die Aurlandsfjellet Panorama Route ein. Die Strasse ist sehr schmal und wir können uns nicht vorstellen wie sich hier in der Saison die Touristen kreuzen. Beim "Slutten" halten wir an und besuchen den tosenden Wasserfall. Die Wassermassen sind gewaltig und die Regensaison hat noch nicht begonnen.
Wir fahren soweit wir dürfen, weil die Passstrasse gestern für die Wintersaison gesperrt wurde. Das hat uns das Navigationssystem bereits mitgeteilt und darum sind wir nicht überrascht. Normalerweise schliesst die Passstrasse bereits Mitte Oktober.
Vor der geschlossenen Barriere geniessen wir die Aussicht bei einem feinen Mittagessen. Es hat mittlerweile angefangen zu regnen. Der kalte Wind bläst den Schneeregen mit 45° an unserem "Stubenfenster" vorbei. Wir fahren den Pass wieder zurück zu unserem Schlafplatz am Fjord in Leardal.
Es hat soeben aufgehört zu regnen und wie haben etwas Bewegungsdrang. Darum machen wir uns auf den Weg in die kleine Stadt mit etwas über 1000 Einwohner. Es dunkelt früh und beginnt auch wieder leicht zu regnen. Wir sind uns das Regenwetter noch nicht gewohnt und darum unpassend angezogen. Es fehlen die wasserdichten Jacken, Schuhe und die «Tächlikappe», damit der Regen nicht direkt ins Gesicht klatscht. Eigentlich alles was es so zum Regen braucht…. . Die Stadt ist hübsch und immer wieder schön anzusehen sind die Lampen in den Fenstern. Alle Fenster oder auch teilweise die Fassade sind beleuchtet. Das ist eine Tradition in Norwegen. Die Erklärungen sind vielschichtig und gehen von «offener Tür für Gäste» bis «Lichtorientierung für Fischer». Wahrscheinlich hat jede Familie auch einfach Freude an den Lichtern und will in den dunklen Monaten ein Zeichen der Ermutigung mit den Lichtern geben.
Die Romantik der Fester-Lichter ist nun verflogen, weil der Regen nun in einen Orkan gewechselt hat und die Pfützchen zu kleinen Seen angeschwollen sind. Kurz gesagt erreichen wir unseren Camper durchnässt und es ist bereits stockdunkel. Ich schiebe eine kurze Krise, weil es für mich nichts «unchilligeres» gibt als nasse Kleider trocknen in einem Camper, wenn es draussen aus Bechern schüttet. Wie gesagt ist die Krise kurz und wir sind früh im Bett. Wir erhalten oft Gesprächsnachrichten, Bilder und Texte von unserer Family und von Freunden. Es freut uns sehr, dass wir so nah am Geschehen teilnehmen können obwohl die Distanz noch rund 2000 km ist.
Laerdals Tunnel - der längste Tunnel der Welt (23.10.24)
Wir schlafen mit Regenprasseln ein und wachen nach rund 11 Stunden auf. Unser Weg führt durch den mit 24,5 km längsten Tunnel der Welt. Der Tunnel ist sehr grosszügig gebaut und wir fühlen uns sicher. Er hat sogar Pannenstreifen und unterwegs einige Lichteffekte in vergrösserten Tunnelgewölben, welche Sicherheit vermitteln. Wir finden es nett, dass diese Abwechslung im langen Tunnel eingerichtet wurde ;-).
Nach dem Tunnel fahren wir wieder auf die Aurlandsfjellet Panorama Route. Dieses Mal von Süden. Auch hier können wir mindestens zum Aussichtspunkt fahren oder vielleicht auch etwas weiter? Der Aussichtspunkt ist futuristisch gebaut und es sind nur wenige Touristen unterwegs.
Der Weg führt uns weiter auf die Passhöhe, welche über der Schneegrenze liegt. Wir geniessen die Aussicht aus dem "Wohnzimmer" bei einem Kaffee und selbstgebackenem Apfelkuchen.
Die Zeit ist bereits vorangeschritten und «Winter is coming». Auch die Strecke nach Bergen von 200 km liegt noch vor uns. Nach zwei Tagen Regen, fühlt es sich so an als ob Norwegen nur noch aus Wasserfällen besteht. Jeder Bach wird zum reissenden Strom und jedes Rinnsal an der Felswand wächst zu einen Wasserfall. Auch in den Fjordebenen gibt es immer mehr Wasserverdrängung und die Bäume stehen bereits in den Flüssen.
Wir finden einen Parkplatz 30 km vor Bergen und wollen am nächsten Morgen den Zug "Vossebanen" nehmen, der uns in 7 Minuten ins Stadtzentrum bringt.
Auf dieser Route haben wir gemerkt, dass es schon schöner ist wenn es schön ist und wir eher «Schönwetterreiser» sind. Nach drei Tagen Vollregen müssen wir uns schon gegenseitig motivieren noch nach draussen zu gehen. Wir sind jetzt im Süden von Norwegen angekommen und freuen uns auf die kommenden Entdeckungen und Erlebnisse.
Ein Tag in Bergen (24.10.24)
Hier besuchen wir zum letzten Mal das Hurtigruten Schiff am Hafen. Das erste Mal haben wir es in Kirkenes getroffen und seither beinahe an jedem Hafen wieder. Das TUI-Schiff «Mein Schiff 3» hate neben dem Hurtigruten Schiff angelegt. Erst jetzt wird klar, wie klein und wendig das Postschiff der Hurtigruten ist.
Bei einem Besuch in Bergen musst du bequeme Schuhe anziehen, weil es viel zu erkunden gibt und sich die Strecken (insgesamt 22519 Schritte) lohnen. Kulinarisch nehmen wir uns Zeit, die Stadt zu erkunden: einen Zimtschneggen, sehr lecker «gelönscht» und fein Abend gegessen und zuletzt bei Olivia einen Rotwein am Hafen getrunken. Ja, und auch der berühmt berüchtigte Rentier-Hotdog muss kurz vor der Rückreise auch noch verschlungen werden.
In dieser Stadt sind die Brygge Gebäude der Hansestadt grossflächig erhalten. In Bergen sind nicht nur die Fassaden für Touristenfotos restauriert, sondern das gesamte Quartier ist wie ein Museum zu bestaunen. Hier können wir uns gut vorstellen wie Handel getrieben wurde und das Interesse der Hanse gross war auch Allesund, Trondheim und weitere Städte im Norden zu erschliessen.
Der Fischmarkt ist nur etwas für starke Nerven, weil sich die lebenden Tiere hier in den Glasbehältern aufeinander stapeln und Krebse eher nicht als Rudeltiere gelten.
Wir lieben es eine Stadt bei Tageslicht und auch nochmals in der Abenddämmerung zu erkunden. Auf diese Weise haben wir den Eindruck die Stadt etwas zu fühlen und zu erleben.
Zudem sind hier auch die Street Art Künstler unterwegs. Leider gibt es immer wieder eifersüchtige New-Sprayer, welche die künstlerischen Bilder mit ihren Fähigkeiten "ergänzen".
Es gibt die grossflächigen Street Art welche auffallen:
Und die kleinen Künstler, welche du aufmerksam suchen musst:
Müde und voll von Eindrücken gehen wir ins Bett und freuen uns auf die Südküste.
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